Darmstädter Echo
01.10.2015
Baustart an Dieburgs Ludwigshall
DIEBURG - Die Dieburger und ihre Ludwigshall': Projektplaner Ulrich Scheinert (66) weiß um diese emotionale Komponente seines Zehn-Millionen-Projekts, ist er doch selbst lange Dieburger gewesen. "Meine Mutter wohnt noch dort, in einem Eckhaus gegenüber dem Rathaus; jetzt ist eine Parfümerie drin." Alle paar Wochen ist er dort zu Besuch, bleibt mithin in und mit Dieburg verwurzelt.
Kein Wunder, dass die Wohnanlage Ludwigshall' Chefsache bei der Firma "Biskupek & Scheinert" in Darmstadt ist. Zumal es in der Stadt im Vorfeld lange Auseinandersetzungen um die Zukunft der Hall' gegeben hatte: Ist sie noch zu halten, was könnte die Stadt damit anfangen? Als schließlich der Verkauf feststand, sei allein ein Fitnessstudio bereit gewesen, den geforderten Kaufpreis zu entrichten, schildert Ulrich Scheinert.
Ein benachbartes Gartengrundstück habe schon damals seiner Familie gehört. "Ich hatte die Hälfte meinem Bruder abgekauft, dann lag es erst mal 15 Jahre brach. In einem Entwurf eines Bebauungsplans sollte dort dann ein Grünzug entlanglaufen"; erinnert sich Scheinert. Dafür sei dieses Areal zu schade und zu wertvoll, sagte sich der Planer und entwickelte eine Alternative zur Fitnessbude: eine barrierefreie Wohnanlage für ältere Menschen mit intergrierten Arztpraxen.
Das Konzept überzeugte nach einigem Hin und Her auch den Bürgermeister und das Stadtparlament. Die Firma "Projektbau" von "Biskupek & Scheinert" erhielt den Zuschlag im Augsut 2013. Danach mussten Politik und Verwaltung Planungsrecht mit einem Bebauungsplan schaffen. "Wenn man bedenkt, dass da 22 Behörden beteiligt sind, versteht man, warum so etwas ein, zwei Jahre dauert", so Scheinert. Doch nun ist alles geregelt und die Bagger haben mit den Abrissarbeiten begonnen. Am Konzept habe sich zwischenzeitlich nichts geändert.
Die "Wohnanlage Ludwigshall'" wird drei Gebäudeteile umfassen: Die beiden kleinsten Häuser an der Zentturmstraße, äußerlich angepasst an die umgebende Altstadtbebauung, werden die Augenarztpraxis Redelin/Müller aufnehmen, inklusive zwei OP's. Noch operieren die Augenärzte im Rochus. "Das Ganze liegt über der alten Stadtmauer, die wir zum Teil wieder sichtbar machen werden; eine Auflage des Denkmalschutzes."
Ein zweites, größeres Gebäude mit fünf Mietwohnungen und einer Praxis für Kieferorthopädie entsteht an der südlichen Grundstücksgrenze Richtung Stadthalle. Dort, im vorderen und breiteren Teil der Zentturmstraße, wird auch die Zufahrt zur zentralen Tiefgarage sein. 84 Plätze sind vorgesehen, davon 40 öffentlich. "Das war eine Auflage der Stadt, die damit Innenstadt-Parkraum sicherstellt", erklärt Ulrich Scheinert. Denn bislang wurde ein Großteil des Geländes als Schotterparkplatz genutzt. Auch fünf Mietwohnungen werden integriert; rund 80 Quadratmeter groß, etwa 720 Euro teuer.
Das dritte und größte Gebäude - jeweils zwei Etagen und ein Dachgeschoss - umfasst zwölf Eigentumswohnungen à 80 Quadratmeter, ohne Gemeinschaftsanlagen, aber mit Hausmeister und ebenfalls Aufzug direkt in die Tiefgararge. Der Quadratmeterpreis soll bei 3600 Euro liegen. "Vier der zwölf Wohnungen sind bereits reserviert; für den Rest ist 1. Oktober Vermarktungsstart." Bezugsfertig soll die gesamte Anlage im Frühjahr 2017 sein. "Nun hoffen wir, dass alles klappt und nichts passiert; dann wird das eine schöne Bereicherung für Dieburg sein."
Dazu Dieburgs Bürgermeister Werner Thomas: "Natürlich wird mit der Ludwigshalle ein Stück Dieburger Tradition abgerissen, aber die Halle war marode und hätte nie den Standard der Römerhalle erreicht. Es hätte mir schon gefallen, wenn sie sich als Kleinkunstbühne hätte etablieren können, aber daraus ist nichts geworden. Andererseits war es der erklärte Wille der Stadtverordneten, auf dem Gelände seniorengerechtes Wohnen zu realisieren."