Darmstädter Echo
25.05.2012
Ein Zuhause für Kinder mit Atemnot
Intensivpflege – Ins neue Ärztezentrum in der Grafenstraße zieht die stationäre Einrichtung „Bärenstark“ ein
Ein Zuhause für Kinder mit Atemnot
Intensivpflege – Ins neue Ärztezentrum in der Grafenstraße zieht die stationäre Einrichtung „Bärenstark“ ein
| | Die ersten Bettchen sind schon aufgestellt: Am 1. Juni wird die Spezialpflegeeinrichtung für Kinder und Jugendliche namens „Bärenstark“ im Neubau Grafenstraße 13, fünfter Stock, eröffnet. Von links: Heimleiterin Daniela Jentsch, die pädagogische Heimleiterin Sarah Thiede, Anja Boutbel vom ambulanten „Bärenstark“-Pflegedienst und Isabel Scheidt von der Pflegedienstleitung. Foto: Claus Völker
Die Wände sind lindgrün gestrichen, die ersten beiden Bettchen schon aufgestellt. Doch drumherum herrscht im fünften Stock des neuen Ärztezentrums zwischen Bleich- und Grafenstraße noch das übliche Neubau-Chaos.
Am 1. Juni wird dort die erste Bewohnerin von „Bärenstark“ einziehen, ein fünfjähriges Mädchen, das von einem der Pflegekräfte täglich in den Kindergarten begleitet werden wird. Möglicherweise wird das Mädchen bis zu seinem achtzehnten Lebensjahr in dieser Intensivpflegeeinrichtung bleiben, die Leiterin Daniela Jentsch nicht gern als „Pflegeheim“ bezeichnet wissen möchte. Denn sie soll für die Kinder und Jugendlichen ein Zuhause sein.
Tag der offenen Tür Am Dienstag (29.) lädt die Bärenstark GmbH zum Tag der offenen Tür in die Grafenstraße 13 ein. Von 15 bis 18 Uhr können sich Eltern und Fachleute die Räume anschauen und sich das ganzheitlich orientierte Versorgungskonzept vom Startteam und Leiterin Daniela Jentsch erklären lassen.
Krankenschwestern mit einer Spezialausbildung in Beatmung bringen die schwerstpflegebedürftigen Kinder im Rollstuhl in den Kindergarten oder in die Schule. Sie bleiben die ganze Zeit bei ihnen und achten auf ihr Wohlbefinden. Die „Bärenstark“-Bewohner sollen am normalen Alltagsleben teilhaben, ins Kino oder ins Vivarium gehen oder in einem Schwimmbad herumplanschen können. Immer in Begleitung einer Pflegekraft und ihres Beatmungsgeräts, eines kleinen, zwei bis drei Kilo schweren Kastens mit Tragegriff. Alle Kinder gelten als austherapiert. Ihr Zugang zur Luftröhre muss häufig abgesaugt, ihre Vitalwerte (Puls- und Sauerstoffsättigung) müssen ständig überprüft werden. Sehr leicht können vor allem die Kleineren in eine lebensgefährliche Situation geraten.
Ursache der Behinderungen sind angeborene Muskel- oder neurologische Krankheiten, Unfälle oder das „Undine-Syndrom“, eine Erkrankung des Zentralen Nervensystems: Die Kinder können, vor allem nachts, nicht ausreichend atmen.
Schon seit einiger Zeit versorgen Mitarbeiterinnen der „Bärenstark“ GmbH ein bis dreizehn Jahre alte Kinder mit solchen Beschwerden ambulant im Rhein-Main-Gebiet – stundenweise, und in einem Fall sogar in Schichten rund um die Uhr.
Die stationäre, 1000 Quadratmeter große Einrichtung in Darmstadt ist für 15 Kinder und Jugendliche vorgesehen, deren Eltern mit der Pflege überfordert wären: Viele werden über Sonden ernährt und haben Spasmen. Väter und Mütter sind aber als Übernachtungsgäste jederzeit willkommen.
Die Kinder und Jugendlichen werden in sechs Zwei-Bett-Zimmern und drei Einzelzimmern untergebracht. Außerdem gibt es zwei Kurzzeitpflegeplätze für Kinder, deren Eltern Urlaub oder Entlastung von der Pflege brauchen. Pro Jahr stehen ihnen 28 Tage zu. Die Einrichtung verfügt über zwei Aufenthaltsräume, eine große Terrasse, einen Unterrichtsraum (für Kinder, die nicht in die Schule gehen können) und einen „Snoezel“-Raum. Er ist ausgestattet mit Hilfsmitteln, die zur Anregung der Sinneswahrnehmung dienen.
Nach und nach sollen die fünfzehn „Bärenstarken“ bis Ende 2013 einziehen. Das Pflegeteam wird allmählich verstärkt und hat genug Zeit, sich aufeinander einzuspielen.
Die „Bärenstark“ GmbH arbeitet mit den niedergelassenen Kinderärzten zusammen. Ihre Kooperationspartner sind das Klinikum und die Kinderkliniken Prinzessin Margaret. Die jungen Bewohner erwartet ein ausgefülltes Tagesprogramm mit vielen Therapiestunden. Vier Jahre betrug die Vorlaufzeit für dieses Spezialpflegeangebot, und es wären wohl noch mehr geworden, wenn das Klinikum nicht zur passenden Zeit den Bau eines Ärztehauses beschlossen hätte.
In dem sechsgeschossigen Ärztehaus sind Praxen für 35 Fachärzte vorgesehen. Außerdem wird das Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation dort einziehen. Die künftigen Läden in der Passage werden auf Sanitäts- oder medizinische Produkte spezialisiert sein.